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Handzettelstapel

Der Handzettel als Auslaufmodell? Wie Händler nun reagieren sollten!

15.09.2022

Mit REWE und OBI haben in den letzten Wochen zwei Schwergewichte der deutschen Handelsbranche angekündigt, in Zukunft auf einen gedruckten Handzettel zu verzichten. Für die Kunden und Konkurrenten der beiden Vorreiter ist dies eine einschneidende Veränderung. Bisher galt die Bewerbung von Angeboten im Prospekt für viele Unternehmen, insbesondere in den beiden betroffenen Brachen Food und DIY, als der wichtigste Werbekanal und damit als das zentrale Instrument, um Frequenz in den Märkten zu generieren. Diese Gewissheit wird von REWE und OBI nun in Frage gestellt. Damit stehen viele Händler in Deutschland vor der Frage, wie sie selbst ihre Angebotswerbung und damit auch ihr Aktionsgeschäft künftig ausrichten sollen.

Als Safaric Consulting haben wir in den letzten Jahren verschiedene namhafte europäische Handelsunternehmen bei der Optimierung ihres Aktionsgeschäft erfolgreich unterstützt. Aufbauend auf diesen Erfahrungen möchten wir in diesem Blogbeitrag einen kurzen Einblick geben, wie wir die aktuelle Situation einschätzen und was Handelsunternehmen bei den nun anstehenden internen Diskussionen über die zukünftige Nutzung und Ausrichtung des Handzettels berücksichtigen sollten.

Die Chancen der Abschaffung des gedruckten Handzettels

REWE und OBI argumentieren öffentlich stark mit der Nachhaltigkeit ihres neuen Vorgehens. So überschreibt REWE seine Pressmitteilung zum Beispiel mit dem Slogan „Für Umwelt, Klima und Energieeinsparung“. Diese für Kunden sehr eingängige Kommunikation trifft den Zeitgeist und wird daher voraussichtlich insbesondere bei REWE und OBI als „First Mover“, die mit ihren öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen viel mediale Aufmerksamkeit erzeugen konnten, einen positiven Effekt auf das Markenimage haben.

Darüber hinaus gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Chancen und Vorteile für die Unternehmen:

  • An erster Stelle stehen dabei Kosteneinsparungen im Marketingbudget. Printwerbung ist für die meisten stationären Händler immer noch einer der größten bzw. häufig der größte Posten im Marketingbudget. So liegt aus unserer Projekterfahrung beispielsweise im Lebensmittelhandel der Anteil der Handzettel am Marketingbudget in der Regel bei über 25%. Die aufgrund von Energiekosten und Mindestlohnerhöhung in den letzten Monaten stark gestiegenen Papier-, Produktions- und Verteilkosten erzeugen somit einen enorm hohen Kostendruck.
  • Aber auch beim Personal ist die Erstellung der Printwerbung ein Kostentreiber. Die meisten Handelsunternehmen haben eigene Abteilungen, die sich in Zusammenarbeit mit spezialisierten Agenturen hauptsächlich um die teils wöchentliche Vorbereitung und Qualitätssicherung von Druckvorlagen kümmern. Eine Umstellung auf mehr digitale Werbung, deren Erstellung deutlich leichter automatisiert werden kann, wird somit auch deutliche Einsparungen beim Personal ermöglichen.
  • Eine weitere Chance ist, dass der Wegfall der gedruckten Handzettel den Unternehmen deutlich mehr Freiheit bei der Ausgestaltung ihrer Aktionen einräumt. Bisher war der gedruckte Handzettel für viele unserer Kunden der Taktgeber des Aktionsgeschäfts. Die Vorlaufzeiten für Artikelauswahl und Preissetzung wurden entlang der Fristen für Gestaltung und Druckfreigabe des Handzettels definiert. Die Umfänge und Schwerpunkte der einzelnen Sortimente wurden anhand der Anzahl von Seiten und Rasterplätzen pro Sortiment bereits Monate im Voraus vorgegeben und limitiert.
  • Die strategische Entscheidung sich vom Handzettel zu lösen, wird Händlern somit viel mehr Freiheiten und eine höhere Geschwindigkeit bei der Planung, Ausgestaltung und Umsetzung ihrer Aktionen ermöglichen. Die finale Aktionspreissetzung kann bei REWE und OBI nun erfolgen, nachdem die Wettbewerber ihre Faltblätter bereits in den Druck gegeben haben. Das Szenario, von einem Konkurrenten mit einem noch aggressiveren Preis für einen Eckartikel übertrumpft zu werden, wird damit deutlich unwahrscheinlicher.
  • Hinzu kommen größere Freiheiten bei der Gestaltung des Aktionssortiments. Auf digitalen Kanälen kann die Anzahl der Artikel deutlich flexibler gestaltet und die angezeigten Artikel viel einfacher individualisiert werden. Während in der Printwelt jede Regionalisierung oder gar Lokalisierung der Druckvorlage für einzelne Märkte zusätzliche Kosten verursacht, kann in digitalen Kanälen das Angebot ohne großen Mehraufwand automatisiert sogar auf den einzelnen Kunden, der gerade die Webseite besucht oder die App nutzt, angepasst werden.

Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass es bei der Abschaffung des gedruckten Handzettels ganz sicher nicht nur um die Nachhaltigkeit geht. Für die Unternehmen bedeutet dies viel mehr in erster Linie erhebliche Kostensenkungspotenziale, deutliche Geschwindigkeitssteigerung und eine allgemein höhere Flexibilität im Aktionsgeschäft.

Die Risken der Abschaffung des gedruckten Handzettels

Diesen Vorteilen stehen aber auch selbstverständlich einige Risiken gegenüber.

  • An erster Stelle ist zu beachten, dass gedruckte Printwerbung immer noch ein wichtiger Inspirationskanal für Konsumenten ist. So hat unser Partner IFH erst kürzlich in einer Studie veröffentlicht, dass auch heute noch ca. 76% der deutschen Konsumenten gedruckte Prospekte wöchentlich lesen. Selbst in der Altersgruppe 18 bis 29 Jahre lesen noch 70% zumindest gelegentlich gedruckte Werbeprospekte. Der Verzicht auf den Kanal Handzettel ist daher insbesondere für die Händler ein großes Risiko, die in Zeiten der steigenden Konsumzurückhaltung stark auf Impulskäufer angewiesen sind.
  • Außerdem können viele der oben erläuterten Vorteile nur dann gehoben werden, wenn ein Unternehmen sein internes Aktionsmanagement zielgerichtet umstellt und optimiert. Dies beginnt bei den Prozessen, die in den meisten Unternehmen bisher auf die regelmäßige Erstellung von Printwerbung ausgerichtet und damit sehr starr und unflexibel sind. Nur wenn die Prozesse agiler werden, kann die höhere Flexibilität digitaler Kanäle genutzt werden. Diese höhere Agilität erfordert auch Veränderungen in der Governance- und den Steuerungsstrukturen für das Aktionsgeschäft. Auch sie müssen angepasst werden, damit verbindliche Entscheidungen schneller getroffen werden können.
  • Besonders wichtig ist dafür eine hohe Verfügbarkeit von historischen Daten und Erfolgskennzahlen sowie leistungsstarke und moderne IT-Systeme. Die oben diskutierte stärkere Individualisierung des Aktionsangebots und gleichzeitig Reduktion der Personalkosten lässt sich nur dann umsetzen, wenn die Entscheidungsfindung im Aktionsgeschäft durch eine gute Datengrundlage gestützt und zumindest perspektivisch durch künstliche Intelligenz automatisiert wird.

Was Handelsunternehmen nun tun sollten!

Die Diskussion, wie stark sich die Bewerbung von Aktionen von den gedruckten Handzetteln in andere Kanäle verlagert, hat Safaric Consulting in den letzten Jahren mit vielen Kunden geführt. Das Stimmungsbild war dabei meistens: „Digitale Werbung ist die Zukunft, es ist aber noch zu früh, um auf die gedruckten Faltblätter zu verzichten“. OBI und REWE haben diese Gewissheit nun durchbrochen und sind die Pioniere, die beweisen wollen, dass es auch anders geht. Ob Ihnen das vollständig gelingen wird, muss die Zeit zeigen.

Zweifelsfrei ist jedoch, dass dieser Schritt alle Konkurrenten unter Druck setzt. Den Vorreitern werden in den digitalen Kanälen durch den Schritt deutlich größere Marketingbudgets zur Verfügung stehen. Sie werden ihre digitalen Aktivitäten ausbauen und ihren Kunden damit neue Angebote machen. Aus unserer Sicht besteht zumindest die Möglichkeit, dass sie damit erfolgreich sein werden und sich durch die gesunkenen Kosten und geschickte Nutzung der gestiegenen Flexibilität einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. Auf dieses Szenario sollten sich die Konkurrenten nun vorbereiten.

Die Entscheidung, ob ein Unternehmen dem radikalen Beispiel von REWE und OBI folgen sollte, hängt von vielen individuellen Faktoren ab (z.B. der Bedeutung von Impulsen durch Werbung für das Geschäftsmodell, den bereits verfügbaren Daten und IT-Systemen). Grundsätzlich ist es in der aktuellen Situation aber unerlässlich, in die eigenen digitalen Angebote und die dafür benötigten Fähigkeiten zu investieren, um das Risiko zu minimieren, auf Dauer abgehängt zu werden.

Als Safaric Consulting haben wir Einblicke in das Aktionsgeschäft vieler Handelsunternehmen. Gerne unterstützen wir Sie im Rahmen eines Benchmarking-Workshop Aktionsgeschäft“ oder unseres „Quick Assessment Aktionsgeschäft“ dabei, den Reifegrad Ihres Aktionsgeschäfts im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern einzuordnen und die für Ihr Unternehmen relevanten Handlungsfelder zu identifizieren. Wir freuen uns, über ihre unverbindliche Kontaktaufnahme.

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